Voraussetzung
Mit 15 Jahren entschloss ich mich, bei
meinem Vater zu arbeiten. Ich wusste, dass dies nøtig war, aber auch, dass wir
nicht nebeneinander existieren konnten. Da ich mich sehr gern hatte, beschloss
ich, diese Arbeitszeit auf 15 Jahre (bis mein Vater das Pensionierungsalter
erreicht hatte) zu beschrænken und für diese Zeit meine Seele einzufrieren, um
nachher in einem andern Land meine Persønlichkeit weiterzuleben zu kønnen. Gegen
Ende dieser Periode machte sich die Oelkrise bemerkbar. Die Staaten schlossen
die Grenzen. Versuche, in Neuseeland, Kanada, Finnland, Island usw.
unterzukommen scheiterten. Ich wollte den Vater nicht direkt konkurrenzieren.
Für eine technische Ausbildung, die schon immer mein Wunsch gewesen wære, hatte
ich kein Geld. Die intensive Suche nach einer Orthopædie-Mechaniker-Lehrstelle
führte zu keinem Erfolg.
Da entschloss ich mich, einfach einmal
zu verschwinden ohne zu wissen, wohin die Reise führt und was nachher geschehen
soll. Bekannte rieten mir, vorerst in Taizé, einer Art Kloster Unterschlupf zu
suchen. In Taizé war ein grosses Zeltlager, wo sich vor allem Jugendliche eine
Kalenderwoche trafen, diskutierten, theoretisch eine Osterwoche erlebten und
nachher das gelernte in die Praxis umsetzen sollten. Von Bekannten hatte ich die
Adressen einer jungen Frau, die in Florenz eine Schule besuchte und einer
Familie in London, von meiner Schwester eine Adresse in Brighton und von meinen
Wohnungsvermietern eine Adresse in Castelmoron in Südfrankreich.
Monag, 6. August 1979
EPA-Blache beendet. Ca. 15:00 nach Hause
gegangen. Mit den Wohnungsvermietern gesprochen. Schlafsackhülle genæht.
Dienstag, 7. August
Reinhard bringt mich am Morgen früh auf
den Bahnhof. Mit dem Zug nach Macon (Bourgund) gefahren, wo ich etwa um 17:30
ankomme. In Genf umgestiegen und durch den Zoll. Auf dem Bahnhof Macon frage ich
im Gepæckschalter nach dem Weg nach Taizé. Ein Mann erklært mir, dass ich zuerst
der Hauptstr. entlang und dann die 3. Strasse nach links hinaufgehen soll. Dann
würde ich es dann rasch finden. Als ich wenig spæter zurücksehe, sehe ich, wie
die Mænner im Paketschalter grinsen. Ich weiss natürlich auch, dass etwa 30 km
bis nach Taizé sind. Kurz nach Macon verlasse ich die Strasse und versuche, auf
Feldwegen weiterzukommen. Das Gebiet ist sehr schøn, aber sieht sehr arm aus.
Die Sonner scheint alles auszutrocknen. Nirgens ist ein Brunnen zu sehen. Die
rote, steinige Erde sieht sehr unfruchtbar aus und læsst das Wasser schnell
versickern. Unter der dünnen Erdschicht ist ein sprøder Fels. Die Bauern leben
hier vom Weinbau und von der Milchwirtschaft. Sie wohnen in einfachen,
unverputzten Hæusern aus grobem Stein. Teilweise wurde sogar mit dem Mørtel
gespart. Viele Leute geniessen den Abend im Garten. Die Abende sind dank der
Sommerzeit sehr lang und ich sehe deutlich den Vorteil der Sommerzeit (In der
Schweiz kennt man die Sommerzeit noch nicht).
In einem Wald hørt der Weg pløtzlich
auf. Ich habe nur eine Autokarte mit grossem Massstab, wo die kleinen Strassen
und Feldwege nicht eingezeichnet sind. Der Kompass zeigt mir ungefæhr die
Richtung. So komme ich nach Verchizeuil (ca. 21:30). Hier sehe ich zum ersten
Mal einen Dorfbrunnen. Man muss aber pumpen, damit Wasser kommt. An einem Bach
koche ich etwas Tee und ruhe mich ein wenig aus.
Mittwoch, 8. August
In Igé (ca. Mitternacht) habe ich Mühe,
die rechte Strasse zu finden. Ich gehe einer breiten, beleuchteten Strasse
entlang, die Richtung stimmt etwa. Nach etwa 2 km hørt die Strasse bei einem
Kieswerk auf. Mühsam finde ich im Dunkeln 3 fusswegæhnliche Gebilde. Ich
entscheide mich für den mittleren Weg. Er führt mich durch einen Wald immer
steiler hinauf. Øfters scheint der Weg aufzuhøren, aber nach einigen Schritten
durch Stræucher finde ich jeweils wieder die Fortsetzung. Ich bedaure, keine
Taschenlampe mitgenommen zu haben. Etwa nach einer Stunde führt mich der Weg auf
die gesuchte Strasse, unmittelbar vor der Passhøhe. Hier muss ich nach rechts
abbiegen und møglichst auf dem Grat bleiben.Ein Wegweiser zeigt mir an, dass ich
mich auf einem „Chemin des Chevallier“ befinde. Da sollte eigentlich nichts mehr
schiefgehen. Es ist allerdings schwierig, im Dunkeln die Wegzeichen zu finden.
So muss ich an Kreuzungen einen Baum nach dem andern absuchen, um den rechten
Weg zu finden. Der Weg führt immer schøn an der linken Seite eines Grates
entlang, d.h. links sieht man manchmal einige Lichter zwischen den Bæumen
durchschimmern. Aber nachdem ich einige Zeit gegangen bin, merke ich, dass der
Mond seine Lage schnell ændert, oder anders ausgedrückt: der Weg um einen Hügel
herumführt und ich auf der andern Seite des Grates wieder zurückgehe. Ich gehe
etwas zurück und wæhle einen andern Weg (ca. 03:00) Da ich sehr müde bin,
schlafe ich etwas bis ich im Morgengrauen um etwa 5:00 weitergehe. Bald merke
ich, dass auch dieser Weg um den Hügel führt Beim 3. Versuch erwische ich den
richtigen Weg. Ich komme zum Wald hinaus auf eine Heide. Sogar ein kleines
Kornfeld mit spærlichen Pflanzen ist zu sehen. Endlich finde ich den gesuchten
Aussichtspunkt – vor mir sehe ich Cluny. Es ist bewølkt und weniger heiss als
gestern. Durch Donzi, Cortambert und Massilly erreiche ich um 11:00 Taizé.
|
|
anklikken zum vergrøssern
|
|
|
Nachdem ich dem Gebet von aussen zuhøre,
nehme ich am Mittagessen teil. Ich staune über die vielen Menschen, die hier
geduldig in der brütenden Hitze auf das Mittagessen warten. Das Essen ist sehr
gut und sehr vielseitig. Nach dem Essen schlafe ich ein wenig im Zelt mit der
Berechnung, dass die andern mich dann schon zum Gruppengespræch wecken würden.
Wie ich erwache, sehe ich niemanden mehr von meiner Gruppe im Zelt. Dafür sind
zwei andere Gruppen hier, die sich aber beide italienisch unterhalten, d.h. ich
verstehe kein Wort. Ausserhalb des Zeltes finde ich dann die Deutschen wieder,
die begonnen haben, bayerische Tænze einzuüben. Am Abend lædt mich Ludwig ein,
mit ihm zum Gebet zu kommen. Da die grosse Kirche zu klein ist, sind draussen
noch 3 Zelte aufgestellt. Wir finden keinen Platz in der Kirche und sitzen vor
der Kirche auf den Boden. 2 Lautsprecher verbinden uns mit dem sprechenden
Bruder. Der Gottesdienst gefællt mir sehr gut. Die Texte werden in italienisch,
franzøsisch, englisch, spanisch und hollændisch gesprochen. Schon damit wird auf
die grosse verbindende Gemeinschaft hingewiesen, die hier angestrebt wird. Die
Texte werden gesungen, was mir gut gefællt. Da ich in andern Gottesdiensten
immer Mühe habe, der Predigt zu folgen und bald in eigene Gedanken versinke, ist
es mir sehr willkommen, dass der grøsste Teil der Predigt aus Schweigen besteht.
Die Kirche ist einfach gestaltet, ein
kühler Betonbau mit dreieckigen Verstrebungen aus Beton an der Decke. Vorn
lassen verdeckte, senkrechte Glasbænder farbiges Licht in die Kirche einstrømen.
Darunter sehe ich mehrere Lichter, vermutlich Kerzen. Die Kirche illustriert die
Grundidee von Taizé, auf jeden Luxus zu verzichten, damit das materielle Gut auf
der ganzen Erde møglichst gleichmæssig verteilt werden kann. Das ganze „Lager“
ist so eingerichtet. Vorhanden ist nur, was nøtig ist – alles hatt seinen Zweck.
Es ist alles grau – der steinige Boden, die Zelte – das ganze passt gut in diese
Landschaft mit den armen, groben, grauen Hæusern und dem kargen Boden. Der
Mensch kann sich nur mit Gedanken und Worten entfalten. Durch den Tagesplan
(viel Zwischenzeiten, die jedoch zu kurz sind, um etwas ausserordentliches zu
unternehmen) wird diese Entfaltung begünstigt und die Møglichkeit zur Ablenkung
klein gehalten. Der aufenthalt hier erinnert mich immer wieder an den
Militærdienst )der für mich immer ein positives Erlebnis war): Zusammenleben,
viel Zeit, kein Luxus, alles grau. Ein Grundgedanke von Taizé ist aber auch,
hier eine Woche zu erleben und dann wieder nach Hause zu gehen, um das Erlebte
in die Praxis umzusetzen. In diesem Sinn gesehen muss hier etwas Extremes
gezeigt werden, da jeder Ortswechsel ja auch eine Abschwæchung der Vorsætze
bedeutet. Die grundideen von Taizé finde ich sehr gut und sie sind vergleichbar
mit den Grundsætzen, die ich mir seinerzeit für das Leben gestellt habe. Ich bin
unterdessen aber etwas von dieser Linie abgekommen. Das Leben besteht nicht nur
aus Arbeit, Essen, Schlafen und Worten. Man kann auch etwas Schønes erleben,
ohne dass dafür ein anderer Mensch hungern muss. Grundsætzlich gefællt es mir
sehr gut in Taizé: es hilft mir, meinen ursprünglichen Standpunkt zu finden, den
ich eigentlich suche, was mich aber hier størt ist, dass hier nicht nach Taizé
gelebt wird, wenigstens nicht innerhalb meiner Gruppe. Meine Gruppe ist aber
wahrscheinlich ein Sonderfall, da sie erst am Donnerstag richtig gebildet wird.
Am Abend wird versucht, ein
Gruppengespræch in Gang zu bringen, was aber nicht gelingt. Jeder wird gefragt,
warum er gekommen ist. Viele sagen, sie seien schon einmal hier gewesen und
wollten sehen, wie weit Taizé ein Campingplatz geworden ist. Sie tragen aber
selber durch ihr Verhalten der Richtung Campingplatz bei. Franz, er ist
innerhalb der Gruppe immer mein Gegenpol, erklært, dass er in 3 Wochen ein
Mædchen in Marokko befreien wolle und dass er sich hier darauf vorbereiten
wolle. Er wolle sich hier angewøhnen, zur festgesetzten Zeit 3mal im Tag zu
beten (er schlæft aber gewøhnlich wæhrend dem Morgengebet im Bett) under gehe
die næchste und übernæchste Woche ins Schweigen. Andere erklæren, beim Autostop
nicht Glück gehabt zu haben und von Taizé seien sie immer gut weggekommen.
Donnerstag, 9. August
Ich stehe als erster im Zelt auf, so
dass es mir gerade noch zum Morgengebet reicht. Für das einzige Mal wæhrend
meinem Aufenthalt in Taizé finde ich einen Platz in der Kirche selbst. Am
Vormittag wird die Gruppe offiziell erøffnet und in 3 kleinere Gruppen geteilt.
Unsere Gruppe zieht sich dann auf eine Wiese zurück. Jeder stellt sich vor und
erklært, warum er gekommen ist. Ludwig, mir der sympathischste, hat einen
handwerklichen Beruf gelernt und ist jetzt Sonderschullehrer. Alex, ein
Ostschweizer, besucht das Oberseminar (nach dem Gymnasium) und will Psychologe
werden. Sein Vater hat ein Getrænkegeschæft. Er ist mit Ludwig zusammen mit dem
Auto gekommen und sie schlafen zusammen im eigenen Zelt. Kai ist Student und ist
mit seiner Freundin hier. Ulla hat das Gymnasium abgeschlossen und macht in
einer Schweinefarm ein Praktikum weil sie Landwirtschaft studieren will. Es
gefællt ihr ausgezeichnet, eine praktische Arbeit verrichten zu kønnen. Anita
ist Italienerin. Ihre Mutter ist Deutsche, darum spricht sie sehr gut deutsch.
Sie studiert in Venedig Architektur. Nach Taizé møchte sie noch nach Paris und
nach Spanien fahren. Sylvana und ? sind mit dem Motorrad gekommen und haben auch
ein eigenes Zelt. Er ist Mechaniker beim Zahnræder-Maag und møchte sich in
Elektronik weiterbilden und Silvana arbeitet bei der Caritas. Sie wohnen in
Oberglatt. Franz studiert irgend etwas Soziales. Er wohnt in einer
Wohngemeinschaft und glaubt so, dass er dem Grundsatz des Teilens sehr nahe
kommt, denn sie würden alles teilen. Auf meine Frage, wie er sich eine Reise
finanziere, antwortet er, er gehe arbeiten, um sich die Reise zu verdienen.
Geteilt würden nur die Stipendien, was sie zusætzlich verdienten, behalte jeder
für sich. Er sieht sich als armen Studenten sehr benachteiligt und findet, dass
die Reichen besser teilen sollten mit ihm.
Am Nachmittag fahren wir nach Cluny um
Geld zu wechseln und einzukaufen. Am Abend lesen wir den 2. Brief und sprechen
darüber. Wir stellen fest, dass dieser Brief von einem Idealzustand ausgeht, der
bei weitem nicht besteht. Da dieser Zustand absehbar nicht erreicht wird (Es
gibt ausser Taizé noch andere Ideen und Verhaltensrichtungen), finde ich einiges
unlogisch. Am meisten størt mich der Grundsatz, nach welchem kein Gut angehæuft
werden soll, also nicht gespart werden soll. Der Grundsatz „Hilf Dir selbst, so
hilft Dir Gott“ bedeutet mir noch etwas, trotzdem er eigentlich gegen Taizé und
das Leben in einer idealen Gemeinschaft ist. Ich bin eben auch Egoist und møchte
mir eine gewisse Unabhængigkeit ermøglichen. Franz setzt sich wieder stark für
das Teilen ein. Ich sage, nach meiner Ansicht bestehe „teilen“ auch darin, einen
Mangelberuf auszuüben, womit man der Gemeinschaft wirklich etwas beitragen kann,
statt überfüllte Hørsæle zu besetzen und nachher arbeitslos zu sein. Da wird mir
allerdings sehr stark widersprochen.
Freitag, 10. August
Heute machen wir einen Ausflug. Da wir
nur einen VW-Golf für 10 Personen haben, geht eine Hælfte zufuss, die andere bis
Chapaize, dann wird die erste Hælfte geholt. Nachher wieder gleich, aber mit
vertauschten Gruppen bis Brançion. In Chapaize bestaunen wir eine alte
romanische Kirche. Brançion ist ein hochgelegener Ort mit einer herrlichen
Aussicht. Hier ist ein Schloss, natürlich mit einer schönen, alten Kirche. Etwas
abseits vom Schloss kochen wir mit einem Gaskocher Suppe, Rösti und Ravioli,
dann ruhen wir ein wenig aus. Am Abend sprechen wir ein wenig. Anita macht für
Franz und mich 2 schöne Armbänder.
Samstag, 11. August
Heute spielen wir mir einem
Plasticteller.
Am Abend gehen wir in die kleine Kirche
im Dorf. Hier wird nur geschwiegen. Wir verbrennen hier die Kerze, die
eigentlich für das Lichterfest bestimmt ist.
Sonntag, 12. August
Am Morgen fahren fast alle von meiner
Gruppe ab. Ursula sagt, sie wolle mit mir weiterreisen. Sie wollte von zuhause
fort, durfte aber nur mit Freunden. Mit diesen ist sie hierhergekommen. Einer
bleibt hier und einer geh nach Spanien weiter. Ich will noch zum Gottesdienst.
Nachher gehen wir auf die Landstrasse und machen Autostop, da der nächste Bus
erst um 16:00 fährt. Wir werden bald mitgenommen bis nach Cluny. Dann haben wir
aber kein Glück mehr. Uns bleibt nichts anderes übrig, als zufuss weiterzugehen.
In ”La Croix Blanche” kommt der Autobus, der um 16:00 in Taizé abgefahren ist.
Er ist aber ganz voll und hælt gar nicht an. Wir gehen weiter nach „LA Roche
Vineuse“. Dort kønnen wir etwa um 19:00 in den Bus einsteigen. Von Macon fahren
wir mit der Bahn nach Grenoble, wo wir etwa um 22:30 ankommen. Mit einem Taxi
erreichen wir noch die Jugendherberge, wo wir noch aufgenommen werden.
Montag, 13. August
Wir verbrauchen fast den ganzen
Vormittag um Geld zu wechseln, mit dem Bus den Bahnhof zu finden und zu wissen,
wie und wohin wir weiterfahren wollen. Am Nachmittag fahren wir mit der Bahn via
Gap nach Mont-Dauphin. Die Bahnlinie ist nicht elektrifiziert und der Zug wird
von einer Diesellokomotive gezogen. Sie fæhrt relativ langsam. Die Strecke ist
zum Teil sehr steil mit vielen Kurven, Viadukten und Tunnels. Sie führt an einem
schønen See vorbei, der zum baden einlædt. Von Mont-Dauphin gehen wir gegen den
Col Tronchet. Von Mont du Roy nach Ceillac werden wir von 2 Frauen mit dem Auto
mitgenommen. Am Ende der Strasse machen wir ein Feuer um Suppe und Tee zu
kochen. Ein Pfadilager ist in der Næhe. Nachher schlafen wir hier.
Dienstag, 14. August
Wir stehen etwa um 05:00
auf, kochen Kaffee und gehen weiter auf den Col Tronchet, wo wir eine herrliche
Aussicht auf die Berge haben. Irgendwie fühle ich mich hier in den Alpen wieder
zuhause. Vor allem kann man hier ohne Gefahr ein Feuer machen und es hat genug
Wasser zur Verfügung. Wir steigen steil ins Tal hinunter und dann auf den Col du
Longet, wo wir etwa um 18:00 ankommen. In einer Alphütte treffen wir einen
Schafhirten. Er lædt uns zu einem Glas Wein ein. Schafe sehen wir zwar keine (sie
sollen weiter oben in den Bergen sein), aberdafür 2 Esel und 3 Hunde. Der Hirte
kommt aus dem Jura. Auf dem Col du Longet sind einige sehr schøne Bergseen.
Teilweise ist hier sehr sumpfiges Gebiet mit sehr flachen Seen, meistens jedoch
felsiges Gebiet mit steilufrigen Seelein. In Chianale und Pontechianale suchen
wir vergebens eine Unterkunft. So schlafen wir nocheinmal draussen.
Mittwoch 15. August
Um 7:00 erfahren wir, dass der Bus bereits um 6:00
abgefahren ist und der næchste Bus erst um 12:00 fæhrt. Wir fahren mit Autostop
an die Bahnlinie Genua - Turin. Ein Stück werden wir von einem Bæckereiauslæufer
mitgenommen. Am Bahnhof erfahren wir, dass wir nicht mit Franc, sondern nur mit
Lire zahlen kønnen. Ausserdem sind heute alle Banken geschlossen, da heute ein
nationaler Feiertag sei. So fahren wir mit Autostop weiter nach Turin, was z.T.
sehr mühsam ist. In der Hitze auf den Strassen verdursten wir fast. Wir gehen in
einen Laden und fragen, ob wir mit Franc zahlen kønnten. Der Verkæufer bejaht
und wir holen Milch an die Kasse. Der Verkæufer weiss aber den Umrechnungskurs
nicht und bittet uns, soviel zu zahlen, wie wir für richtig finden.
In Turin (18:00) løsen wir die Billete, Ursula nach
Nürnberg und ich nach Florenz. Nach der Wegfahrt von Ursula mache ich mit Angelo
Bekanntschaft. Wir gehen zusammen zu einem kleinen Imbiss und "plaudern"
miteinander, trotzdem er nur italienisch spricht und versteht und ich kein Wort
italienisch kenne. Angelo ist an einem Bein gelæhmt. Darum arbeitet er nicht,
sondern lebt von einer kleinen Rente. Er füllt sein Leben mit Landschaft- und
Portraitmalerei, Gitarrespielen und reisen aus. Er møchte auch einmal nach
Zürich kommen.
Donnerstag 16. August
Die bahnfahrt findet bei Dunkelheit statt und von Pisa nach
Florenz schlafe ich. Um 3:00 komme ich in Florenz an, deponiere meinen Rucksack,
wasche und rasiere mich. Im und ausserhalb des Bahnhofs sowie in den Pærken
schlafen überall Leute in Schlafsæcken. So lege auch ich mich in einem Park auf
eine Bank und ruhe mich einwenig aus. Um halb sechs trinke ich am
Bahnhofrestaurant einen Kaffe und sehe nachher draussen, wie die Polizei mit
einem Grossaufgebot um 6:00 Tagwache macht. Bei Elisabeth werfe ich eine Karte
ein und gehe dann an den nørdlichen Stadtrand zur Jugendherberge, wo ich erfahre,
dass ich mich erst am Nachmittag anmelden kann.
Von der Jugendherberge aus sehe ich weiter nordøstlich auf
einem Hügel einen Turm, der eine schøne Aussicht verspricht. Ich steige den
Hügel hinauf und stelle fest, dass der Turm als Privateigentum umzæunt ist.
Dafür sehe ich weiter nørdlich auf einem weiteren Hügel einen zweiten Turm. Nach
mühsamem hinaufsteigen stelle ich fest, dass auch dieser Turm umzæunt ist. Die
Bäume verhindern auch da jede Aussicht. In der nun aufkommenden Hitze habe ich
Mühe, rechtzeitig inder Stadt zu sein um mich in der Jugendherberge rechtzeitig
anzumelden. Nachher hole ich am Bahnhof einen Stadtplan.
Freitag 17. August
Am Morgen früh treffe ich Elisabeth. Nachher schaue ich den
Boboligarten an. Er ist hinter dem Pitti-Palast und besteht zu einem grossen
Teil aus grossen Hecken, durch welche gewundene, oben z.T. von den Hecken
geschlossene Wege führen. Einer breiten Allee entlang gelange ich in einen
grossen Park am Arno (von der Stadt abwærts). Hier sind Tennisplætze, Plætze für
Pferdesport, Fussballplætze und ein kleines Schwimmbad.
Samstag 18. August
Rundgang durch die Stadt und die Pærke und Besichtigung
eines Teils der Gallerie der Uffizien mit Elisabeth.
Sonntag 19. August
Ausflug mit Elisabeth und andern nach Fiesole. Fiesole ist
ein Ort nørdlich von Florenz. Es liegt auf einem steilen Hügel und man hat eine
gute Aussicht über ganz Florenz und seine Umgebung. Ein kleines Kloster mit
seinen Kammern für die Mønche, einem schønen Garten mit einem Ziehbrunnen,
natürlich einer kleinen Kirche und einer Ausstellung im Untergeschoss, die mir
ausserordentlich gut gefællt, kann hier besichtigt werden. Die Ausstellung
enthælt chinesische Bilder mit chinesischen und chrislichen Motiven,
Musikinstrumente, vor allem Fløten, alte Geldstücke, einen ægyptischen Sarg mit
Mumie und anderes mehr. Nachher sehen wir uns Ueberresten einer rømische
Siedlung mit Theater an. Dabei interessieren mich vor allem die Heizung und das
Bad. Diese sind noch relativ gut erhalten. Mit Mühe finden wir noch eine
Gelegenheit, das Abendessen einzunehmen.
Montag 20. August
Mit der Bahn fahre ich nach Siena, einer
engen, von einer Stadtmauer umgebenen Stadt, einige km von Florenz entfernt. Die
Hæuser sind hier alle sehr alt und nur von schmalen Gassen getrennt. Am Platz im
Zentrum sehe ich eine Ausstellung mit Grafiken von Juan Miró an. Die Bilder
bestehen aus breiten Strichen von wenigen, eintønigen Farben. Schwarz wurde
meistens bevorzugt. Manchmal ist vage zu erkennen, was dargestellt wird. Schade,
dass ich nicht italienisch kann, sonst kønnte ich wenigstens die Titel
verstehen. Trotzdem gefallen mir die Bilder aber sehr. Die Ausstellung ist im
Keller eines sehr hohen Turms. Der Turm beseht aus grauen, grobsteinigen Wænden
und schwarzen, eisernen Zwischenbøden und Treppen. Die Bøden bedecken jeweils
nur einen kleinen Teil der Grundflæche. Im ersten Stock sind Bilder von
heldenreichen Schlachten, vor allem gegen Florenz, in denen natürlich Siena
gewonnen hat. Dass Florenz aber bald darauf von Florenz besiegt worden ist,
steht nur klein in einer historischen Schrift. Ich steige durch sehr enge
Treppen auf den Turm, wo ich eine sehr schøne Aussicht habe. Vor allem sieht man
schøn auf die Stadt, die auf 3 Hügeln liegt. Nachher spaziere ich noch ein wenig
durch die Stadt und durch eine grosse Festung.
Dienstag, 21. August
Im Pitti-Palast schaue ich mir 3
Ausstellungen an. In der ersten sind Bilder aus der Renaissance. Am besten
gefællt mir ein Bild mit 4 Philosophen. Im 2. Stock, der Silberwarenausstellung
sind vor allem Schmuckstücke zu sehen und im 3. Stock Bilder des 18. Und 19.
Jahrhunderts. Die Ausstellungen sind sehr schøn, aber mehrfach zu gross für mein
Aufnahmevermøgen. Im Boboligarten erhole ich mich ein wenig. Nachher spaziere
ich durch den Belveder, eine Festung mit sehr schøner Aussicht. Am Nachmittag
spaziere ich mit Elisabeth durch die Stadt.
Mittwoch, 22. August
Heute schaue ich die archæologische
Ausstellung und die Ausstellung im Berghello an. In ersterer sind vor allem
Geschirr und Werkzeuge von den Etruskern und Aegyptern. Am meisten beeindrucken
mich die etruskischen Graburnen. Im Barghello-Palast sehe ich viele Statuen. Vor
allem Darstellunden mit Themen wie Arno, Fiesole, Florenz, Erde usw. Von
Michelangelo sind eine Statue von Bacchus (betrunken), eine Rondelle mit Maria
und dem Kind und eine Büste von Brutus ausgestellt. Am besten gefællt mir die
Darstellung von Brutus: durch schraffierte Meisselung ist ein præziser Ausdruck
dargestellt. Der betrunkene Bacchus ist nocheinmal zu sehen, aber von einem
andern Künstler. Auch David ist zweimal dargestellt. Im oberen Stockwerk werden
Silberwaren, Teppiche und Waffen gezeigt. Am Nachmittag gehe ich mit Elisabeth
zum Michelangelo-Platz. Dieser Platz ist südlich von Florenz und bietet eine
schøne Aussicht, da er erhøht liegt. Auf dem Platz ist ein Hændler neben dem
andern. In der Mitte ist eine Kopie von David von Michelangelo. Hinter dem
Michelangelo-Platz gehen wir in eine Kirche. Das Gebælk an der Decke ist sehr
farbig verziert. Die Krypta hat viele Sæulen. Pløtzlich beginnt jemand Orgel zu
spielen. Die Bauart gleicht der grossen Kirche von Fiesole.
Donnerstag, 23. August
Wieder einmal stelle ich fest, dass
viele Museen ”wegen Renovation” geschlossen sind. Im præhistorischen Museum sehe
ich vor allem Steine. Aber auch andere Ueberreste von früheren Zivilisationen
sind zu sehen. Vor allem von Italien und Afrika, aber auch Deutschland,
Frankreich und der Schweiz. Sogar Pfahlbauerutensilien vom Pfæffikersee werden
gezeigt.
In der Galeria Academica ist wieder ein
grosser Teil geschlossen. Aber die 4 Statuen „die Gefangenen“, eine vom
zusammenbrechenden Jesus, von Maria und Magdalena gestützt und David von
Michelangelo kønnen besichtigt werden. „Die 4 Gefangenen“, ursprünglich Sklaven,
sind nur zum Teil aus dem Stein gehauen. Zum Teil ist der rohe Steil belassen,
wie wenn Michelangelo nur begonnen hætte. Dabei ist auch „Der Raug der
Sabinerinnen“. Am südlichen Ufer des Arno esse ich zu Mittag und will dann durch
den Vasari-Gang zum Museum der Naturwissenschaften gehen. Der Vasari-Gang ist
ein geschlossener Korridor, der den Pitti-Palast über die Veggio-Brücke mit der
Galerie der Uffizien verbindet. Es sollen ca. 400 Selbstportraits darin sein.
Ich suche aber vergebens am Pittipalast den Eingang. Auf meine Frage erhalte ich
die Auskunft, dass Einbahnverkehr von der Galerie der Uffizien Richtung
Pitti-Palast besteht. So sehe ich den Korridor eben von aussen.
Im Museum der Naturwissenschaften sehe
ich viele mathematische und astronomische Werkzeuge, vor allem um Winkel genau
auszumessen und um nach der Sonne oder den Sternen die Zeit zu bestimmen. In
einem weiteren Raum sind Landkarten und Globen. Am Abend gehe ich nocheinmal auf
den Michelangeloplatz. Da ich endlich beginnen møchte, ein Tagebuch zu
schreiben, suche ich bei einer beleuchteten Kirche einen ruhigen Platz. Das
Gebiet ist aber abgeschlossen. Vor dem Tor treffe ich 4 Franzosen, die mich zu
einem Glas Wein und einem Stück Melone einladen. Wir plaudern ein wenig wæhrend
einer mit einem Musikinstrument, einer Mischung von Handorgel und
Schwyzerørgeli übt. Ich erfahre, dass ich in Frankreich kaum bei einem Bauern
bei der Ernte mithelfen kann, da genügend Leute vorhanden sind, die sich schon
Monate vorher anmelden. In Frankreich soll es eine Institution geben, die es
Handwerkern ermøglicht, in kurzen Abstænden in vielen, im ganzen Land verteilten
Betrieben zu arbeiten. Man muss sich aber gesamthaft für mindestens 2-3 Jahre
verpflichten und darf høchstens 25 Jahre alt sein.
Freitag, 24. August
Ich versuche vergebens in die Festung
nørdlich vom Bahnhof zu kommen. Am Nachmittag gehe ich kurz noch einmal in das
Museum der Naturwissenschaften. Ich sehe verschiedene Gesetze zum Nachweis
einfacher mechanischer Gesetze. So z.B. Schiefe Ebene, Geræte zur Berechnung der
Fallbeschleunigung und zum Nachweis des Impulsgesetzes. Im Treppenhaus sind
elektrische Geræte ausgestellt, wie Telegraph, Telefon, Geræte zum Studium des
Elektromagnetismus und der Influenz. Nachher gehe ich mit Elisabeth und einer
Freundin von ihr noch einmal in die Galerie der Uffizien.
Samstag, 25. August
Am Vormittag gehe ich noch einmal in das
Museum der Naturwissenschaften. Sie kennen mich bereits. Ich bestaune Geræt zur
Erzeugung von elektrischen Ladungen, medizinische Handwerkzeuge, hydraulische
Geræte, Uhren, Faahrræder und ein chemisches Labor. Der Wærter zieht extra für
mich eine grosse Musikdose auf. Feine Stahlplættchen beginnen zu schwingen,
Orgeltøne erklingen und kleine Hæmmerchen, mit Schmetterlingen verziert,
schlagen an verschiedene Glocken. Am Nachmittag packe ich den Rucksack und
marschiere vollbepackt los, d.h. ich fahre mit dem Bus nach Fiesole. In Fiesole
sehe ich als Abschied nocheinmal auf Florenz. Ich mache auch einige Fotografien.
Ein kleines Stræsschen führt mich steil hinunter gegen eine Schlucht. Aber ich
habe wiedereinmal ein Stræsschen erwischt, das um den Berg herumführt und so
bald in entgegengesetzter Richtung weist. Ein immer schmæler werdender Fussweg
hørt dann in einer Wiese oberhalb einer hohen Mauer auf. Aber schliesslich
erreiche ich dann doch noch eine Autostrasse. In glühender Hitze gehe ich
Richtung Faenza (ca.). Die Strasse führt mich ans Ende des Tales in dem Fiesole
liegt. Hier ist eine schøne Aussicht auf Fiesole und den Talkessel mit der
Schlucht. [Jetzt, da ich das Tagebuch (Original) schreibe, habe ich keine Karte
mehr von der Umgebung und weiss darum auch keine Ortsnamen mehr genau.] Es ist
bereits Abenddæmmerung. Ich muss nun nach links an die Hauptstrasse
Florenz-Bologna. Mein Ziel sind 2 kleine Seen westlich vom Futapass, ich møchte
dort baden gehen und nachher ev. Bologna. Zwischen diesen beiden Hauptstrassen
werde ich von einem einheimischen Italiener mit einem kleinen Fiat mitgenommen.
Er warnt mich, nachts Autostop zu machen. Er ist sehr
freundlich und erklært mir ausführlich, dass ich bisher auf der falschen Strasse
gegangen bin. Ich weiss das natürlich auch, aber da ich als Ausgangspunkt
Fiesole für die Abschiedsaussicht gewæhlt habe, die Schlucht nicht traversieren
konnte und nicht nach Florenz zurück wollte, ist mir nichts anderes übrig
geblieben. Aber wie sag man das auf italienisch? Nachdem ich den ausführlichen
Wegbeschreibungen zugehørt habe, gehe ich zur Hauptstrasse, wo ich in einer Bar
(+ Restaurant) einen Kaffee trinke. Der Wirt sagt, wie übrigens viele Leute, er
sei auch schon ein paar Tage in Zürich gewesen. Wie ich nach dem WC frage, sagt
er, er habe keines, schaut auf meinen Rucksack und fragt, ob ich allein sei, was
er als sehr schlecht taxiert. Scheinbar hat er Angst, mein Rucksack kønnte
gestohlen werden. Die Strasse führt lange ein Tal entlang Richtung Isola. Gegen
Mitternacht führt sie nach links über einen Hügel und dann wieder durch ein
langes Tal.
Sonntag, 26. August
Nach einer Abzweigung, die zur Autobahn
führt wandere ich auf einen Bergrücken und diesem entlang. Beidseits der Strasse
geht es hinunter und man hat eine schøne Aussicht. An der Strasse sind viele
Villen mit grossen Parks. Zwischen 3 und 5 Uhr schlafe ich in einer Wiese, etwas
abseits der Strasse. Bei der Morgendæmmerung bin ich mitten in Weiden mit
vereinzelten einfachen Bauernhøfen. Die Strasse führt nun steil hinauf zum
Futapass. Nach einiger Zeit habe ich Glück mit dem stoppen und werde bis zum
Futapass mitgenommen. Schom bem Erwachen ist der Sternenhimmel nicht mehr so
klar gewesen, wie beim einschlafen. Aber jetzt wird das Wetter schnell
schlechter. Wir kommen in dichten Nebel und wie ich auf der Passhøhe aussteige,
sehe ich kaum etwas und muss schnell den Regenschutz anziehen. Es ist ziemlich
kalt. Vor dem geschlossenen Eingang des deutschen Soldatenfriedhofes, dem
einzigen Vordach, wo ich unterstehen kann, mische ich mir etwas kalten Kaffee
und gehe dann ein wenig umher, immer auf besseres Wetter hoffend. Um 8 Uhr
øffnet endlich das Restaurant und ich nehme ein gutes Frühstück. Aber wie ich
hinausgehe, regnet es stark und man sieht kaum etwas.
Den Futapass habe ich etwa 20 Jahre
spæter auf einer unvergesslichen Tixifahrt noch einmal erlebt. Ich habe eine
Frau nach Rimini gebracht. Schon am Morgen früh fuhren wir im Sihltal noch vor
Polizei und Sanitæt an einen Unfall mit 5 Toten und einigen Schwerverletzten.
Eingeklemmte Arme und Beine schauten zu den Autowracks hinaus, andere Menschen
lagen auf der Strasse. In der Poebene konnten wir bei glühender Hitze keinen
Schattenplatz finden. Am Abend und næchsten Vormittag fuhr ich auf einem Umweg
durch den Apenin durch sehr schønes und gut
bewachsenes Gebiet. Die Fahrt war eine Wohltat nach der mühsamen Fahrt auf der
Autobahn. Ich sah eine uralte Universitætsstadt weit oben im Apenin. In Richtung
Bologna kam ich wieder auf den Futapass und schaute den Soldatenfriedhof an.
Etwa 30 0000 junge Mænner sind begraben, die meisten sind mit Namen aufgeführt,
viele Panzergrenadiere. Also etwas das Bild am Anfang der Fahrt mal 6000, aber
meist ohne Sanitæt in schrecklicher Umgebung. Das war vor über 60 Jahren, aber
noch heute im nahen Osten – Afrika – immaginær in vielen Computerspielen und
Filmen usw…. Wann werden die Menschen endlich vernünftig?
Das Wetter scheint lange nicht zu
bessern. Ich entschliesse mich, die Wanderung abzubrechen und møglichst rasch
nach Frankreich weiterzureisen. Der kürzeste Weg führt über Florenz. Pløtzlich
habe ich Glück mit dem Stoppen, wahrscheinlich wegen dem Regen. Ich muss nur
2mal kurz warten und schon bin ich auf dem Bahnhof von Florenz. Bei der Fahrt
schaue ich die Landschaft an, die ich ja schon ein wenig kenne. Ich løse ein
Billet nach Montpellier, stelle den Rucksack ein und bringe Elisabeth die
versprochene Karte. Bis Pisa schlafe ich im Zug. Das Wetter ist wieder schøner
geworden.
Dem Meer entlang geniesse ich eine
schøne Fahrt. Der Zug führt durch ein felsiges Gebiet mit vielen Tunnels (Cinque
Terre). Immer wieder sieht man bei klarem Sonnenschein auf das Meer. Ueberall
sitzen die Leute am Strand. Kurz vor der Grenze dunkelt es dann ein. Ich muss
den Wagen wechseln, da mein Wagen nur bis Nizza fæhrt. Dabei lerne ich den
Portugiesen Juan kennen. Wir unterhalten uns ein wenig, so gut es geht weil
beide nur wenig franzøsisch kønnen. Er studiert Geschichte und ist zu einer
Studienreise in Rom gewesen um die alten Rømer zu studieren. Er zeigt mir viele
Dias, die er dort gekauft hat und ich erzæhle ihm vom præhistorischen Museum in
Florenz. Mit Stolz überreicht er mir eine Büchse portugiesische Sardinen. Er
møchte ev. einmal in die Schweiz kommen.
Montag, 27. August
Etwa um drei Uhr komme ich in
Montpellier an. In einem schønen Park mit einem Teich, einem Felsen, aus welchem
Wasser strømt, und Schwænen darin, esse ich etwas. Nach 4Uhr fahre ich nach Sète
weiter. Dort mache ich zuerst einen Rundgang durch die Stadt. Sète ist ein
kleines Stædtchen auf einem langen Landstreifen im Meer. 2 Stadtteile sind ganz
von Wasser umgeben. An den Ufern der Kanæle stehen überall Fischerboote, die
aber zu einem grossen Teil am Tag nicht auslaufen. Sète hat auch einen Hafen für
Meerschiffe. Mit einem Kanal ist es mit der Rhone verbunden. Die chemische
Industrie ist hier scheinbar sehr stark vertreten. Erdølprodukte werden hier in
grossen Mengen umgeladen. Das wichtigste ist hier aber der Tourismus. Viele
Hotels, Læden, Bars und Restaurants stehen an den Strassen. Gleich neben Sète
ist ein etwa 100 m hoher Hügel. Von hier sieht man weit ins Meer hinaus, das
flache Ufer und die Berge des Festlandes. In der Wasserflæche auf der Landseite
werden Meeresfrüchte gezüchtet. In der Mitte von Sête wird Meersalz gewonnen.
In der Jugendherberge sagen sie, ich
solle um 9Uhr wieder anfragen. Dann erhalte ich in einem Zelt einen Schlafplatz.
Die Jugenherberge ist total überfüllt. Nachher wandere ich auf der Südseite des
Hügels an einen Badestrand, bade ein wenig, warte bis ich wieder trocken bin und
gehe gegen Abend wieder zurück. Ich hatte keine grosse Lust, mich in den
Badegæsten aufzuhalten, suchte ein leeres Stück Strand, es wurde mir aber
schnell zu langweilig. Das Wasser war ziemlich kalt. Nachher schlendere ich ein
wenig durch die Stadt. Den ganzen Nachmittag ist hier ein sportliches Fest. Zwei
Gruppen von Matrosen fahren mit Schiffen nahe aneinander vorbei. Hinten an den
Schiffen ist ein langes Brett. Darauf steht je ein Matrose mit langer Stange und
Schild bewaffnet. Jeder versucht jeweils den andern ins Wasser hinunterzustossen.
Bei meinem Gang durch die Stadt
bewundere ich vor allem die Schiffe und die Brücken. Ein grosses Meerschiff
steht an einem Quai. Mehrere Kanalschiffe sind da, wie ich sie vom Rhein kenne,
einige Schlepper, viele Fischerboote mit Aufladevorrichtungen hinten und viele
kleine Luxusschiffe. Die alten Brücken, die sich øffnen lassen, sind ganz aus
Stahl gebaut. Die Flæche besteht aus einem Gitterrost. Die Brücken lassen sich
øffnen, indem sie sich über dem Kanal erheben und gleichzeitig auf der
Gegenseite auf einer Schiene abrollen. Zum Antrieb ist eine Zahnstange oben
montiert. Die neueren Brücke drehen sich seitwærts um eine Achse.
Dienstag, 28. August
Heute beschliesse ich, per Autostop nach
Castelmoron weiterzureisen. Ich packe den Rucksack, gehe zum Bahnhof und gehe
auf der andern Seite um den Hügel, wie gestern. Dabei bleibe ich an geeigneten
Stellen bis eine Stunde stehen. Auf der andern Seite des Hügels stehen schon 3
Stopper. Im nahen Dorf esse ich zu Mittag und kehre zurück. Die 3 Gruppen stehen
immer noch dort. Autostoppend gehe ich zum Bahnhof zurück. Dort gebe ich das
stoppen auf und løse ein Billet nach Carcasonne, wo die næchste Jugendherberge
ist.
Um 8uhr komme ich in Carcasonne an. Kein
Stadtplan ist zu finden. Ein Polizist erklært mir, dass es schwierig sei, den
Weg zur Jugi zu finden und dass die Jugendherberge weit entfernt ist. Ich gehe
etwa 1 km einer autofreien Einkaufsstrasse enlang. Ein Passant, ich verstehe ihn
kaum, da er sehr leise spricht, lædt mich ein, bei ihm zu schlafen. Er erzæhlt,
dass er Chauffeur sei. Ich sage ihm dankend ab, da ich mich kurz vorher
telefonisch in der Jugendherberge angemeldet habe. Diesen Entschluss bedaure ich
kurz darauf. Die grøssten, modernsten Læden in der Einkaufsstrasse sind
Apotheken. Scheinbar haben die Apotheken in Carcasonne die gleiche Bedeutung wie
die Banken in Zürich. Am Ende der Strasse muss ich nach links und dann bald über
einen Fluss. Die Jugendherberge soll in einem Schloss sein, wie ich verstanden
habe. Was ich in der Ferne aber sehe, ist eine ganze kleine Stadt, umgeben von
einer grossen Befestigungsanlage. (Heute würde ich von „Soria moria“ reden.) Das
ganze liegt auf einem Hügel. Ueber eine enge Brücke gelange ich hinein und bin
pløtzlich inmitten von vielen Touristen. Viele Restaurants und Læden, die auch
abends geøffnet haben, sind hier. Alle Häuser sind sehr alt und von schmalen
Gassen getrennt. Viele Häuser sind von aussen beleuchtet. An einigen Stellen
sitzen junge Leute, die Musik spielen. Alle Restaurants bieten verschiedene
Crêpes an, teilweise auch Omeletten (Rührei) mit viel Zutaten. Am Abend
schlendere ich durch die Citè von Carcasonne. Ich sehe u.a. einen Ziehbrunnen
und eine Kirche ohne Turm.
Mittwoch, 29. August
Zuerst wandere ich ausserhalb der Citè
durch die Landschaft. Sie ist sehr fruchtbar. In Sète wurde landwirtschaftlich
überhaupt nichts angebaut. Das wenige Land, das nicht von Häusern und den
dazugehörenden Gärten bedeckt war, war sehr öde und wild bewachsen. Erst einige
km nach Sète sah ich bebaute Felder. Es waren grüne Gebüsche. Beim näher
hinsehen erkannte ich, dass sie Trauben trugen. Aber die Stöcke waren nicht
hochgebunden, wie bei uns. Hier bei Carcasonne sind ebenfalls viele dieser Reben
zu sehen. Ausserdem Korn, Mais und Birnen. Es gibt ausserdem einige
Gemüsebauern.
Nachher mache ich einen Spaziergang
durch die Stadt. Wenig Handwerker sind zu sehen. Ich beschliesse, doch noch zu
beginnen, Tagebuch zu führen. In der Citè oben setze ich mich auf eine
Stadtmauer und beginne aus der Erinnerung zu schreiben: Sellenbüren –Macon-Taizè-Grenoble-Alpen-Turin-Florenz-Futapass……………………………………..
Ich möchte heute noch Richtung
Castelmoron weiterreisen, kann aber erst um 18uhr mich in der Jugendherberge
abmelden. Um 10uhr10 komme ich in Agen, ca. 30 km südlich von Castelmoron an.
Nun fährt kein Zug mehr weiter und ich mache mich zufuss auf den Weg.
Donnerstag, 30. August
Ca. um 2uhr in der Nacht nimmt mich ein
Paar mit dem Auto mit. Sie machen extra einen Umweg, damit sie mich etwa 10 km
weit bringen können. Immer wieder rieche ich im Dunkeln Pflaumen. Trotzdem ich
noch etwa 1 Stunde schlafe, komme ich viel zu früh in Castelmoron an (ca. 6:30).
Es ist noch dunkel und alles schläft. Ich vermisse den Zettel mit dem Namen der
Leute, bei denen ich Pflaumen pflücken will. So bleibt mir nichts anderes übrig,
als zu warten bis die Post um 9uhr öffnet, damit ich Fam. Labhard telefonieren
kann um nach der Adresse zu fragen. Um 8uhr öffnet endlich ein Restaurant und da
kann ich den Rucksack deponieren. Frühstück erhalte ich erst um 8uhr30. Bis zu
dieser Zeit schaue ich das Dorf näher an. Castelmoron ist ein enges Dorf mit
etwa 1600 Einwohnern. Es hat ein Hotel, das aber in seinem total verlotterten
Zustand niemanden einlädt. Am Rand des Dorfes sind zahlreiche neue, sehr schöne
Einfamilienhäuser, die von Rentnern bewohnt werden. Es hat auch ein grosses
Altersheim. Gleich neben dem Dorf fliesst der Lot vorbei, über den eine grosse
markante Brücke führt. Etwas flussaufwärts ist eine Mineralquelle und weiter
aufwärts ein Elektrizitätswerk mit Generatoren der BBC. Theater, Konzerte u dgl.
Werden hier offenbar in der „Marie“ (engl. ausgespr.) aufgeführt, einem
ebenfalls sehr verlotterten Haus, das in einem arabischen Baustil gebaut ist.
Immerhin stehen hier Baugerüste. Im Dorf selber wohnt kein einziger Bauer. Die
Bauern haben ihre Häuser bei ihrem Land draussen. Viele Läden und 2-3
Restaurants sind hier, die alle am Sonntag geöffnet haben und zum grössten Teil
am Montag geschlossen sind.
In der Post frage ich auch noch
nach dem Weg zu Fam. Favre. Da es hier 4 Familien Favre gibt, ist es schwierig,
sich zu verstehen. Nachdem ich eine rechte Strecke gegangen bin und jemanden,
der mir mit dem Auto entgegenkommt, frage, erklärt dieser, ich sei in der
falschen Richtung. Er bringt mich mit dem Auto einen andern Hügel hinauf zu
einem wunderschönen neuen Einfamilienhaus. Frau Favre arbeitet im Garten. Sie
erwartet mich schon.